Seit dem 1. Januar 2021 gilt das revidierte Submissionsrecht auf Bundesebene, mittlerweile haben auch praktisch alle Kantone die iVöB, die interkantonale Vereinbarung zum öffentlichen Beschaffungswesen in Kraft gesetzt  und mit notwendigen kantonalen Verordnungen ergänzt.

Welche Änderungen brachte diese Revision und welchen Einfluss hat dies für die Schulen?

Grundsätze

Selbstverständlich gilt für Schulen kein spezielles Beschaffungsrecht, vielmehr gibt es Bereiche, welche Schulen helfen, Ausschreibungen besser auf Ihre Bedürfnisse abzustimmen. Es gelten weiterhin die grundlegenden Beschaffungskriterien Transparenz, Gleichbehandlung, Nachvollziehbarkeit, keine Diskriminierung und kein überspitzter Formalismus.

Fristen

Gewisse Fristen wurden verkürzt, andere verlängert.
Die Rekursfristen wurden von 10 auf 20 Tage erhöht, es gelten keine Gerichtsferien.
Die Fristen für die Einreichung von Angeboten wurden hingegen signifikant reduziert.
Bisher galten 40 Tage, eine Verkürzung war auf maximal 25 Tage möglich und musste gut begründet werden. Heute kann das mit guter Begründung auf bis zu 10 Tage reduziert werden.

Dafür muss vor der Submission bereits eine Ankündigung via "simap" gemacht werden, welche das Projekt möglichst genau beschreibt.
Zudem muss die Eingabe elektronisch geschehen können. Diese elektronische Eingabe ist aber technisch und rechtlich noch eher schwierig zu regeln, hier wird wohl erst die neue Version von "simap" Abhilfe schaffen, welche eine direkte Einreichung ermöglicht.

Beim Einladungsverfahren kann die Eingabefrist im direkten Gespräch mit den berücksichtigten Firmen geklärt werden. Verbindlich bleiben dort jedoch die Rekursfristen, die gleich sind wie bei der offenen Ausschreibung.

Die wahrscheinlich "grösste", für Schulen bedeutendste Anpassung gibt es bei folgendne Punkten:

Zweck von Ausschreibungen

Bisher ging es einzig um den "wirtschaftlichen Einsatz der öffentlichen Mittel". Neu geht es ausdrücklich auch um den "ökologisch und sozial nachhaltigen Einsatz" der öffentlichen Mittel.
Das bedeutet für die Berücksichtigung der Angebote, dass nicht mehr das "wirtschaftlich günstigste", sondern das "vorteilhafteste Angebot" gewinnt.

Bewertung

Die bisherige Praxis führte häufig dazu, dass der Preis sehr hoch gewichtet wurde und das billigste Angebot fast zwingend den Zuschlag erhielt. Diese hohe Bedeutung des Preises zeigte sich auch in der Praxis der Gerichte.
Gerade für Schulen war dieser Zustand schlecht, weil der reine Preis der Beschaffung deutlich weniger wichtig ist, als etwa die Qualität und Flexibilität des Supports.

Neu wird das  «vorteilhafteste Angebot» berücksichtigt – verschiedenste Kriterien wie Qualität des Angebotes, Design, Funktionalität, Lebenszykluskosten, Innovationsgehalt, Nachhaltigkeit oder Plausibilität des Angebotes werden stärker gewichtet, die Dominanz der Preise wird relativiert.

Bei reinen Hardwarelieferungen kann die Preisgewichtung weiterhin hoch angesetzt werden.

Schwellenwerte

Bisher galt, dass Lieferungen unter Fr. 100'000.- und Dienstleistungen unter Fr. 150'000.- freihändig vergeben werden können. Bei gemischten Beschaffungen definierte der quantitativ grössere Projektteil den Schwellenwert, das war meist der Teil der Beschaffungskosten.

Heute liegt der freihändige Schwellenwert für alle Beschaffungsarten bei Fr. 150'000.-

Nicht angepasst wurden hingegen die Schwellenwerte für Einladungsverfahren von Fr. 250'000.- und offene/selektive Ausschreibungen über Fr. 250'000.-, diese blieben unverändert.

Ebenfalls nicht verändert hat sich das Gebot der «Einheit der Materie», welches Splittungen oder Etappierungen von Projekten zum Zweck der Umgehung der Schwellenwerte verbietet. Ebenso bleiben Abgebotsrunden verboten.

«Zwei Couverts» - Methode

Neu ist es möglich – und wohl auch sinnvoll, den Preis des Angebotes von der Leistung zu trennen. Dabei werden zwei Couverts eingereicht, eines mit dem Angebot, das zweite mit dem Preis. In einem ersten Schritt werden die Leistungen geöffnet und bewertet. Erst im zweiten Schritt wird das Couvert mit den Preisen geöffnet und bewertet.

Fazit

Für Schulen bedeuten die Änderungen, dass sie stärker als bisher andere Kriterien definieren können, besonders wichtig die Qualität und Plausibilität des Angebotes, das Design und die Funktionalität der Produkte, die Kosten über den Lebenszyklus oder der Innovationsgehalt von Lösungen. Der letzte Punkt verbessert in vielen Fällen auch die Chancen von kleineren Firmen bei Ausschreibungen.

VTGS - Verband Thurgauer Schulgemeinden

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